Preußische Dorf-Ordnung von 1751

Erneuerte und verbesserte Dorf-Ordnung des Königreichs Preußen.

De dato Berlin, den 22. September 1751

Nachdem Seine Königliche Majestät in Preußen etc.

aus Lande-Väterlicher Liebe und Vorsorge zu Erhaltung und Aufnahme Dero sämtlichen getreuen Einwohnern und Unterthanen des Königreichs Preußen, allergnädigst gut gefunden haben, die von Dero in Gott ruhenden Herrn Vaters Friedrich Wilhelms Königliche Majestät allbereits unterm 24ten August 1723 durch den Druck emanirte Dorf-Ordnung erneuern und verbessern zu lassen: Als werden zu dem Ende folgende Puncte hiermit verordnet und festgesetzet.

  1. Überhaupt müssen so wohl die Beamten als Unterthanen sich eines Christlichen ehrbaren Lebens und Wandels befleißigen, und die Beamten hierin mit guten Exempeln vorgehen, die Unterthanen zum Dienst Gottes, als der Urquelle des Segens unablässig ermahnen und sie zu Erfüllung der nicht nur vorhin schon ergangenen, sondern auch künftig noch erfolgenden so wohl geistlichen, als weltlichen heilsamen Verordnungen anhalten, die Verbrecher aber nach Befinden zur Bestrafung gehörigen Orts anzeigen.
  2. Müssen die Unterthanen dem Beamten, in so weit selbiger den Königlichen Befehlen wegen der einzunehmenden Dorf-Praestationen oder Pflichten nachlebet, eben solche Folge leisten, als wenn die Krieges- und Domainen-Cammer selbst zugegen wäre.
  3. Da auch einem Beamten oblieget, die ihn untergebenen Dörfer fleißig zu bereisen und der Bauren Wirthschaft genau zu untersuchen: So müssen die Bauren, wenn er ihnen etwas nützliches und vorteilhaftes zu ihrem Besten abgiebet, demselben um so vielmehr folgen, als dadurch ihre zeitliche Glückseeligkeit befördert wird; insbesondere aber müssen die Beamten alljährlich zwey Haupt-Visitations Tage als einen im Früh-Jahr, wenn die Sommer-Saat bestellet ist, und den andern nach verrichteter Winter-Saat in den Dörfern anstellen, jedoch ohne den Unterthanen deshalb Unkosten zu machen, und jedes Bauren Wirthschaft so wohl auf dem Felde, als auf den Höfen selbst untersuchen, keineswegs aber auf ihre Schreiber und Amts-Unter-Bediente sich verlassen; wenn alsdenn auch ein Bauer, worüber Klage führen sollte: So hat derselbe solches entweder dem Beamten zum Bericht an die Krieges- und Domainen-Cammer, oder so oft der Departements-Rath ins Amt kommt, diesem seine Nothdurft vorzustellen, damit er nicht durch vieles Hin- und Herreisen nach den Befehlshabern, in seiner Wirtschaft sich versäumen, sondern die Sache so fort abgethan werden möge.
  4. Die Dorf-Schultzen müssen ebenfalls ihr Amt wohl wahrnehmen, welches fürnehmlich darin bestehet:
    1. den Bauren alle Königliche und Amts-Befehle deutlich bekannt zu machen, und was desfalls schriftlich an sie gekommen, gut zu verwahren.
    2. Den Bauren die vom Amte verlangten Schaarwercks – Dienste gleich anzukündigen und sie zu deren Leistung anzuhalten.
    3. Die Sachen, welche in der Gemeine wegen Pfändung, Haltung der Gehege, Bewahrung der Feuerstellen, Stege und Wege und was sonst zur Nachbarschaft gehöret, verkommen, so fort zu besorgen.
    4. Über dasjenige, was unten in dieser Dorf-Ordnung weiter vorgeschrieben ist, gebührend zu halten,
    5. die Wieder-Besetzung der etwa nach wüsten Dorf-Hufen oder Höfe auf alle Weise zu befördern. 6) Die auf Königliche Pässe verordneten Abfuhren, Wolfs-Jagden und andere gewöhnliche Nachricht zu geben und die üblen Wirthe anzuzeigen, auch sich überall dergestalt treu und fleißig zu bezeigen, wie es seinem geleisteten Schultzen-Eyde gemäß ist.
  5. Weil die Vieh-Zucht dem Landmann fast den größeren Nutzen bringet, auch bey dem Acker-Bau gantz unentbehrlich ist; So muss ein jeder Bauer äußerst dahin trachten, dass er den von Seiner Königlichen Majestät zum Besatz erhaltenen ansehnlichen Vieh-Stamm nicht nur wie eisern erhalte, sondern auch durch die Zuzucht des jungen Viehes und einigen Ankaufs, möglichst vermehre, damit er nach und nach in den Stand komme, auch wiederum etwas zum Verkauf zu erziehen, und so wohl durch Molcken-Speise einen Beyhülfe in der Wirthschaft zu erhalten, als auch durch genugsame Düngung den Acker in bessere Würde zu bringen. Gleichwie aber zur guten Vieh-Zucht unumgänglich erfordert wird, dass bey der Hütung und Futterung ordentlich verfahren werde: Also muss in jedem Dorfe
    1. ein oder mehr tüchtige Hirten gehalten werden, welche die Hütung verstehen, und das Vieh auf der Weide wohl in Acht nehmen, dass es weder selbst zu Schaden komme, noch durch freyes Herumlaufen dem Nachbar auf eine oder andere Art Schaden thun könne, bey Strafe der Pfändung und Ersetzung des verursachten Schadens, den der Dorf-Schultze nebst zwey Dorf-Ältesten, welche aus der Gemeine zu wählen sind, pflichtmäßig taxieren, und denjenigen, durch dessen Vieh selbiger geschehen, zur Erstattung anhalten muss. Zu dem Ende
    2. der Dorf-Schultze darauf zu halten, solches Vieh zu pfänden, und vor jedes gepfändete Stück Rind- auch Schwein-Vieh 3.Groschen pr. Pfand-Geld zu nehmen hat, wovon ihm 2. Groschen pr. und dem Dorfe 1. Groschen pr. zu Unterhaltung des Pfand-Stalles anheim fallen sollen.
    3. Die Wiesen müssen zur rechten Zeit geschonet und alsdann mit keinem Vieh betrieben, auch
    4. nach Beschaffenheit eines jeden Orts tüchtige Nachthütungen abgeheget werden, worin das Zug-Vieh so wohl Ochsen als Pferde bey Tage und Nacht weiden kann, wobey die Gemeine nach der Reihe des Nachts jemanden nebst denen Hirten zur Sicherheit wider die Raub-Thiere wachen lassen muss, widrigenfalls als wenn sich finden sollte, dass ein Pferd oder Stück Rind-Vieh ohne Hirten gegangen und von den Wölfen zerrissen worden, der Schultze und die gantze Dorfschaft den Schaden erstatten sollen, ingleichen müssen
    5. die Schweine nicht auf die Wiesen getrieben werden, damit sie selbige durch das Umwühlen nicht verderben. Wie denn auch
    6. die Dorf-Schultzen, alle Jahr längstens um Michaeli bey den Bauren und Dorf-Einwohnern die Vieh-Ställe zu untersuchen, ob solche im Dach und Fach noch gut, warm und dichte, unten auf dem Fuß-Boden trocken, oder, wenn solches wegen der niedrigen Lage nicht möglich zu machen ist, gehörig ausbohlen oder ausbrücken zu lassen, imgleichen
    7. nachzusehen haben, ob die nöthigen Krippen und Raufen vorhanden, nicht weniger
    8. ob die Ställe räumlich genug, oder zu enge sind, weil so wohl durch die Kälte und Nässe, als durch gar zu enges Einsperren des Viehes, manches Stück zu Schaden kommt, auch wenn es an gehörigen Krippen und Rauffen fehlet, viel Futter verqister und von dem Vieh unter sich getreten wird.
  6. Da auch zur Vieh-Zucht einen gute Wartung und ordentliche Futterung des Viehes sehr vieles beyträgt: So muss jeder Dorf-Schultze, so bald die Futterung in den Ställen angehet, solche und besonders bey den bekannten schlechten Wirthen öfters visitieret und nachsehen, ob mit dem Futter gut gewirthschaftet, dasselbe nicht unnützer Weise verstreuet, sondern dem Vieh zu rechter Zeit gereichet, und solches alle Tage zu gewissen Stunden geträncket werde, maßen, wenn dieses nicht geschiehet, das Futter bey dem Vieh, nichts anschläget, zu welchem Ende auch jedes Dorf auf gutes Wasser, falls es daran noch fehlet, sich befleißigen, und wo möglich einen Teich, oder doch tiefe Brunnen graben muss.
  7. Nicht weniger hat die Erfahrung gelehret, dass mancher Wirth entweder durch unordentliche Futterung oder durch allzu starkes Futtern im Herbst, auch wohl durch Verkaufung des Futters im Früh-Jahre einen solchen Futter-Mangel empfunden, dass sein Vieh Noth leiden oder gar verhungern müssen, dahero ein jeder Schultze auf diesen strafbahren Unfug ein genaues Augenmerk zu richten, dass die Bauren und Dorf-Einwohner im Herbst sehr räthlich und sparsam mit dem Futter umgehen, damit es ihnen im Früh-Jahr daran nicht fehlen möge, und wenn er einen solchen Einwohner findet, der vor dem Früh-Jahr, und ehe das Vieh nicht auf die Weide getrieben werden kann, das geringste Futter verkauffet, denselben sofort dem Amte zur Bestrafung anzuzeigen oder selbst empfindliche Strafe zu gewärtigen hat.
  8. Ist nöthig, dass von jeder Dorf-Gemeine beständig ein guter Bulle und Kuyel oder Kempe gehalten werde, weil sonst die Vieh- und Schweine-Zucht nicht gehörig vermehret werden kann, imgleichen, dass die Unterthanen auf die Schaaf-Zucht sich mehr befleißigen, und wo nur einige Gelegenheit dazu ist, einen Vortheil daraus zu gewinnen suchen, sie müssen aber gleichfalls besondere Hirten dabey halten, damit die Schaafe den Feldern und Wiesen keinen Schaden zufügen.
  9. Wenn zum Besten der Gemeine etwas auf der Brache, oder sonst zu schonen gut gefunden oder abgeredet worden: So muss sich niemand unterstehen, dawider zu handeln, wo er nicht in willkührliche Strafe verfallen seyn will.
  10. Es müssen auch die Schultzen dahin bedacht seyn, dass nach der Größe jeden Dorfes die darin befindliche Wirthe einen, zwey auch mehr gute Hengste halten, mithin solchergestalt die Pferde-Zucht befördert werden möge.
  11. Und da der Garten-Bau in den Dörfern bishero noch nicht recht wahrgenommen worden; So muss ein jeder Bauer dahin trachten, und der Schultze ihn antreiben:
    1. dass bey dem Hofe Obst-Gärten angeleget, und wenigstens alle Jahre im Herbst oder Früh-Jahr, wenn der Frost aus der Erde ist, 10. bis 12. Stück wilde oder aus den Kernen erzogene Obst-Stämme gesetzet, und hiernächst gepfropfet werden müssen, daferne sich aber keiner im Dorfe findet, der damit umzugehen weiß, so hat der Schultze sich zu bemühen, jemanden von anderen Orten zu bekommen, der bey jedem Wirthe zum allerwenigsten jährlich 6. Stück Stämmen pfropfe, in solcher Wissenschaft auch 2. gute verständige Leute im Dorfe, welche dann Lust haben, unterrichte, derjenige Wirth aber, so jährlich weniger als sechs Obst-Stämme setzet, soll vor jeden fehlenden Stamm 15. Groschen Strafe zu erlegen schuldig seyn, wie denn auch die Bauren mehr Fleiß anwenden müssen, in ihren Gärten gutes Geköch, als Terteuffeln, Brücken, Rüben, Kohl, Möhren und dergleichen zu ziehen, um nicht ihren ganzen Unterhalt aus dem Mehl-Sack zu nehmen. Daferne aber noch hier und da Garten-Plätze fehlen: So sollen solche nach Beschaffenheit des Orts von dem Beamten angewiesen werden.
  12. Es haben auch die Schultzen sämtliche Dorf-Einwohner zum Bienen-Bau in ihren Gärten aufzumuntern, und ihnen deshalb Anweisung zu thun, als wodurch selbige was erwerben, und ihre Praestanda leichter abtragen können.
  13. Um die Bauer-Häuser, Scheunen und Ställe, müssen Weiden, oder allerhand andere wilde Bäume gepflanzet werden, welche den Gebäuden und Dächern bey Sturm-Winden zum Schutz dienen, besonders aber müssen bey allen Zäunen, Nachthütungen, Graben und Grentzen, oder auch auf räumlichen Plätzen in den Dörfern, Weiden gepflanzet werden, damit dieselben von Zeit zu Zeit in gehöriger Ordnung gekappet werden können, und es der Dorfschaft niemals an nöthigen Zaunstrauch fehle.
  14. Zu dem Hopfen-Bau haben die Schultzen den Dorfschafften gleichfalls die nöthige Anweisung geben zu lassen, und zu dem Ende in jedem Dorf 2. 3. bis 4. junge Leute, auch so viel Knechte und die 2. jüngsten Wirthe auszusondern, welche einige Jahre dabey seyn müssen, wenn in dem Dorfe durch einen Hopfen-Bau-Verständigen die Hopfen-Stühle angeleget und gereinigt werden, damit sie die Hand-Griffe lernen, und mit der Zeit den Hopfen selbst bearbeiten können.
  15. Da es auch den meisten Dörfern noch an nöthigen Feld-Graben fehlet, um die überflüssige Nässe und Säure aus den Äckern und Wiesen zu ziehen: So muss der Schultz mit den Dorf-Ältesten dahin sehen, dass dieselben, so bald als immer möglich ist, gezogen, die alten verfallenen Graben aufgeräumet, oder neue angeleget werden, wozu ein jeder Bauer auf Erfordern des Schultzen eine tüchtige Person, aber nicht Kinder oder untüchtiges Volk, mit gehörigen Instrumenten zugestellen, und solchergestalt nach und nach zu Beförderung des Acker-Baues und Heuschlagens, die höchst nöthigen Graben zu verfertigen hat, und wird zu seiner Zeit durch die Beamten Anweisung geschehen, wo und wie die Feld- und Wiesen-Graben zu machen, auch wie breit und tief selbige zu graben sind, und wohin das Wasser am füglichsten abgeleitet werden könne. Sollte es auch einer oder andern Dorfschaft an der Vorfluth fehlen, so hat die selbige bey den Nachbaren zu urgieren, und falls solche sich in Güte dann nicht bequemen wollen, bey dem Beamten oder dem Departements-Rath deshalb Klage zu führen, welcher sodann das nöthige weiter besorgen wird.
  16. Ferner müssen die Dorf-Schultzen dahin sehen, das ein jeder Bauer gut und gehörig wirthschaffte, seine Äcker zu rechter Zeit bestelle, fleißig dünge, zur Gerste und Rocken, wo immer möglich, dreymahl pflüge, die Saat nicht bis zum späten Hebst verschiebe, noch den Acker wüste liegen lasse, sollte sich aber finden, dass dennoch einer oder der andere liederlich und nachlässig wirthschaffte, und weder vor seine eigene Erhaltung, noch vor die Abtragung der Königlichen Abgaben mit Ernst sorge; So muss der Schultze solches dem Departements-Rath und Beamten anzeigen, damit er durch nachdrückliche Straffe dazu angehalten, und wenn keine Besserung zu hoffen, von dem Erbe ab- und ein anderer tüchtiger Wirth in seine Stelle gesetzet werden könne.
  17. Wann jemand gantz niedrigen Acker, worauf der Rocken selten zu gerathen pfleget, lieber zum Sommer-Getreyde liegen lassen wollte, so kann ihm solches zwar verstattet werden, dergleichen Acker aber muss nicht wüste liegen bleiben. Insonderheit hat der Schultze darauf sorgfältig Acht zu haben, ob sich bey einem, oder dem andern Dorf-Einwohner Merkmahle finden, dass er meiaydiger Weise den Hof zu verlassen und nach fremden Ländern zu gehen suche? welchenfalls er solches dem Amte in Zeiten melden muss, oder schwere Beahndung zu gewärtigen hat, welche auch diejenigen Einwohner treffen wird, welche von der Entweichung gewusst und dazu stille geschweigen.
  18. Bey Besäung derer Felder muss der Schultze allen Fleiß anwenden, die Leute so viel möglich zum Lein- und Hampf-Säen zu animieren, dabey aber, so viel es thunlich, von Verkaufung des Flachses und Hampfes abhalten und dahin zu bewegen suchen, dass sie selbiges aufspinnen und entweder selbst verweben, oder das Garn nach den Königlichen Städten und nicht außerhalb Landes verkauffen, der Schultze und die Dorf-Ältesten auch hierunter denen Einwohnern mit gutem Exempel vorgehen, und alte und junge so wohl zum Flachs- als Wollspinnen antreiben.
  19. Zu gehöriger Bestellung der Äcker aber wird vornehmlich erfordert, dass solche so gut als möglich bemistet werden, wovon es besonders in den Pohlnischen Ämtern bishero gefehlet, allwo die Einwohner kein Stroh auf den Hof zu streuen haben, folglich der Sommer-Mist immer verloren gehet, und nur der wenige Stall-Mist zu Bedingung des Ackers genug seyn muss, mit welchem aber nicht viel Land bestritten werden kann. Damit also die Ämter, welche an Streu-Stroh, Mangel haben, sich auch den Sommer-Mist zu Nutze machen können, so wird denenselben von dem Beamten gewiesen werden, wie sie sich deshalb verhalten müssen, und hat ein jeder Schultze so dann darauf zu sehen, dass die Einwohner dabey allen möglichen Fleiß und Mühe anwenden, maßen kein Zweifel ist, dass, wenn sie nur die zwey ersten Jahre den augenscheinlichen Nutzen davon merken, ein jeder Wirth sich selber antreiben werde, sein Land besser wie bishero zu bemisten, und dadurch mehr Korn auch andre Getreyde zu gewinnen.
  20. Die Gehege als Feld- und Wiesen-Zäune, müssen hinkünftig nicht mehr von Holtz, sondern nach Westphälischer Art mit allerhand Dorn-Strauch, oder wo viel Feld-Steine sind, von Feld-Steinen gemacht werden, wozu der Beamte Anweisung geben wird, die Schultzen aber haben die Anlegung solcher Gehege unter die Bauren ordentlich und nach Proportionen ihrer Äcker zu vertheilen, auch so dann einen jeden anzuhalten, sein Antheil zu rechter Zeit in guten Stand zu setzen, wer aber dawider handelt, soll in willkührlicher Strafe verfallen seyn.
  21. Gleicher gestalt muss es mit Besserung der Brücken und Land-Strassen, Wege und Stege, besonders an den Dorfs-Hecken gehalten werden, worauf der Schultze genau zu sehen, die Reparation zu bequemer Zeit im Herbst, oder wenn es sonst wegen der Feld-Arbeit am füglichsten geschehen kann, anzuordnen, die Widerspenstigen aber zur gebührenden Strafe dem Beamten anzuzeigen hat.
  22. damit auch der Schultze in seinem Amte gebührende Autorität haben möge; So wird allen und jeden Dorf-Einwohnern hiermit alles Ernstes eingeschärfet, ihm allen Gehorsam und willige Folge zu leisten, auf sein Erfordern sich unweigerlich zu stellen, seine Anordnungen so fort zu bewerkstelligen und sich auf keine Weise, es sey unter was Vorwand es wolle, demselben zu widersetzen. Sollte sich aber jemand unterstehen, wenn er gefordert wird, sich entziehen, der soll dem Befinden nach, mit nachdrücklicher Leibes-Strafe beleget werden, zu welchem Ende der Schultze einen solchen ungehorsamen Dorf-Einwohner dem Beamten jedesmahl anzuzeigen hat.
  23. In Beytreibung der Königlichen Gefälle muss der Schultze mit besorget seyn, und die Bauren zu rechter Zeit ernstlich dazu anhalten, damit sie ihr Getreyde und andere Früchte zu Gelde machen, mithin solche Gefälle richtig abtragen, gestalt ihnen, und damit sie wegen ihrer jährlichen Abgaben desto gewisser seyn mögen, gedruckte Zinss-Bücher eingehändiget werden sollen, worin die Abgaben benennet, auch worin jedesmahl, was sie entrichten müssen, von dem Beamten verzeichnet werden soll, daferne aber jemand boshafter und freventlicher Weise nicht bezahlen, sondern das Geld liederlich durchbringen und sich Seiner Königlichen Majestät Gnade dadurch unwürdig machen wird, derselbe hat nicht nur empfindliche Strafe, sondern auch den Verlust seines Erbes zu gewärtigen. Und ob man zwar hoffen will, dass kein Beamter so gewissenlos handeln werde, in der Unterthan Quitt-Büchern unrichtig zu quittieren, so könnte doch solches wohl aus Versehen und Irrthum geschehen; Dahero denen Unterthanen, welche nicht lesen können, frey stehet, ihr Quitt-Bücher, so oft sie Zins bezahlet haben, entweder durch den Schultzen, oder Schul-Meister und wer sonst lesen kann, nachsehen zu lassen, ob richtig quittieret sey, so muss er binnen drey Tagen sich deshalb bey dem Beamten melden, widrigenfalls keine Nachrechnung statt findet.
  24. Auch hat der Schultze die Bauren zu denen auf Königliche oder Cammer-Pässe vorfallenden Pass-Fuhren, imgleichen auf Erfordern des Amts zum Schaarwerck gehörig anzuhalten und keinem darunter nachzusehen, sondern selbig3 anzutreiben, dass ein jeder zur rechten Zeit und an den Tagen, da er von den Königlichen Beamten oder General-Pächtern gefordert wird, sich gestellen, und die Arbeit treulich und fleißig verrichtet, aber keine Kinder sondern zur Arbeit tüchtige Leute schicken müsse, die Ungehorsamen hingegen, welche die Pass-Fuhren unverantwortlich versäumen, oder vom Schaarwerck ohne erhebliche Ursache zurück bleiben, oder auch nicht zur bestimmten Zeit erscheinen, sollen auf geschehen Anzeige jedesmahl mit dem Spanischen Mantel-Tragen bestrafet werden. Sonsten hat es wegen des Schaarwerckens bey der publicirten und unterm 8ten August 1723. wegen der Sommer-Monate declarierten Verfassung sein Verbleiben, dabey aber sind die Königlichen Unterthanen schuldig, außer ihrem Schaarwerck die sogenannten Burg-Dienste, das ist die nöthigen Fuhren und Arbeit zum Bau der Königlichen Amts- und Vorwerks-Gebäude unentgeltlich zu verrichten.
  25. Verlaufenes Gesinde muss niemand in seinen Dienst nehmen und dahero ein jeder Wirth von des Dienstbothen vorigen Herrn Nachricht einziehen, ob derselbe mit seinem guten Willen aus dem Dienst gegangen, auch sich wohl verhalten habe, wer dawider handelt, soll von dem Amte mit empfindlicher Leibes-Strafe beleget werden, wie denn auch von dem Schultzen und Dorf-Ältesten dahin zu sehen ist, das im Dorfe keine Bettler geduldet werden, noch Dienst-lose ledige Leute sich darin aufhalten mögen, ohne solche dem Amte sofort anzuzeigen.
  26. Sollte jemand betroffen werden, der entweder das Geträyde, Wiesen, Wagen, Pflüge und was sonsten an Acker-Geräthe öffentlich auf dem Felde bleibet, bestehle, ein solcher soll ohne einzige Gnade ein Jahr zum Vestungs-Bau gebracht werden, und hat der Schultze dergleichen Vorfall dem Amte unverzüglich anzuzeigen, damit solche Ruchlosigkeit nicht unbestrafet bleibe.
  27. Auf Feuer und Licht muss ein jeder Hauss-Wirth fleißig Acht haben, dass dadurch kein Schade geschehe, und so wenig es selbst als andere unschuldige Leute in Gefahr und Unglück gestürtzet werde; dahero ein jeder Schultze seine Gemeine mit Nachdruck anzuhalten, hierunter alle Vorsichtigkeit zu gebrauchen, auch wenigstens alle vierzehn Tage, oder 3 Wochen mit den Dorf-Geschwornen oder Ältesten, ohne vorher jemanden was davon bekannt zu machen, eine unvermuthete Visitation bey jedem Wirthe vorzunehmen hat, wie mit dem Feuer umgegangen werde, und ob bey einem oder andern Feuers-Gefahr zu befürchten, welchenfalls er solches anstellen, auch nach Befinden dem Amte anzeigen muss.
  28. Insbesonderheit haben die Dorf-Schultzen ihre Augen darauf zu richten,
    1. dass den Königlichen Edicten vom 28ten April 1723 dem 20ten October 1742, den 8ten Julii 1744 und 14ten May 1750 wegen des verbothenen Tobak-Rauchens genau nachgelebet,
    2. nicht bey Licht, wenn es auch gleich in der Laterne stehet, in den Scheunen gedroschen, noch
    3. in den Häusern bey den Bauren, Instleuten und Eigenkärthnern ungedroschen Geträyde, Stroh- oder Heu-Futter am eingehitzten Ofen oder auf die Lucht geleget, auch
    4. keine glühende Asche aus dem Ofen oder vom Herde genommen, in Tonnen geschüttet und auf die Lucht unter das Stroh-Dach gesetzet, sondern
    5. neben dem Ofen an der Brand-Mauer tief gemauerte Asch-Löcher gemachet und darin die Asche verwahret, auch auf und an den Ofens kein Holtz, Flachs oder andere Feuer-Fangende Sachen geleget werden, imgleichen
    6. dass in den Stuben kein Brod gebacken, noch Flachs oder Hanf gebacket, sondern publique Back-Häuser und Brack-Stuben, außer den Dörfern gesetzet und mit einem Schauer versehen, nicht minder
    7. von Zeit zu Zeit die Schornsteine und Camine gut gefeget und
    8. tüchtige Feuer-Leitern, Feuer-Hacken, Feuer-Küsen und Eimer, wenigstens mit der Zeit bey jedem Wirth ein Feuer-Hacken und 2 Feuer-Eimer in fertigem Stande, bey zwey Wirthen zusammen aber eine Feuer-Leiter und bey 3 oder 4 Wirthen ein gefüllter Wasser-Küsen im Dorfe gehalten werden möge, wozu die Kosten von den einkommenden Dorf-Straf-Geldern mit angewendet werden sollen, daferne aber jemand diesen Anordnungen wieder alles Verhoffen entgegen handeln, mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen und dadurch sich oder seinen Nachbaren in Unglück bringen sollte, so kann derselbe gewärtig seyn, auf Zeit-Lebens zur Vestungs-Arbeit in die Karre gebracht, aber vorkommenden Umständen nach noch härter bestrafet zu werden.
  29. Nachtwachen, besonders zur Winters-Zeit, müssen in den Dörfern gleichfalls von den Wirthen oder deren Knechten auf der Reihe gehalten und dadurch die Diebstähle so viel möglich abgehalten werden, worauf die Schultzen beständig zu halten haben.
  30. Ein jeder Wirth muss vor die Erhaltung und Reparation seiner Gebäude sorgen, und dahin sehen, dass denenselben in Zeiten geholffen werde, und nicht durch Faulheit oder Nachlässigkeit die Gebäude, welche sonst noch lange stehen könnten, zu Grunde gehen lassen; als worauf die Schultzen genau zu sehen und die Säumigen dem Amte anzuzeigen haben.
  31. Damit aber auch bey einem verfallenden Bau solcher bey Unterthanen leichter und erträglicher fallen möge, so hat der Schultze jeden Orts die Dorf-Einwohner dahin anzuhalten, dass ein jeder drey Stück Bau-Holtz zur bequemen Zeit anfahren und selbige in Vorrath halten müsse, wozu so dann ein vor Feuers-Gefahr sicherer Platz auszusuchen, auf denselben das Bau-Holtz von der Erde etwas erhöhet hinzulegen und vor die Fäulung mit einem Schauert zu bedecken, auch wohl zu verwahren ist, damit bedürfenden Falls das Holtz gleich bey der Hand sey, und wenn selbiges nicht zureichend, das fehlende aus den benachbarten Dörfern genommen werden könne, welches sodann der Departements-Rath oder Beamte jeden Orts zu veranstalten.
  32. Die nächst angrentzenden Dorfschaften müssen auch bey einem Bau mit Fuhren und gewissen Bünden Stroh, welche der Beamte nach jeden Orts Umständen zu determinieren hat, sich einander zu Hülfe kommen, weil solches von vielen leichter als von einem alleine geschehen kann.
  33. Bey einem neuen Bau haben die Schultzen darauf zu sehen, dass die Schwellen wenigstens anderthalb bis 2 Fuß hoch über die Erde geleget, und die Gebäude mit einem guten Fundament von Feld-Steinen versehen, auch das Dach 2 Fuß übergebauet werde, widrigenfalls der Neubauende, welcher sich hiernach nicht richten wird, keine Bau-Vergütung, sondern vielmehr nachdrückliche Bestrafung zu gewärtigen hat.
  34. Wegen der Dorf-Wälder ist es dergestalt zu halten, dass niemand ohne einen Zettul des Beamten, eigenmächtig ein Stück Holtz nehmen, und derselbe ihm sodann das Holtz, wenn es nur auf ein paar Stücke ankommt, gehörig anweise, wenn aber mehr Stücke Bau-Holtz erfordert werden, so muss der Schultze davon eine attestierte Specification dem Beamten und dieser solche auf dem Holtz-Markte dem Ober-Forst-Meister übergeben, welcher sodann dem Förster des Orths aufgeben wird, sothanes Holtz zu rechter Zeit und Forstmäßig in dem Dorf-Walde ordentlich anzuweisen, wie denn auch das Unterholtz und der junge Aufschlag geschonet, und kein Stangen-Holtz gehauen, sondern nebst dem Strauch und Gebüsch conservieret, und ein guter Theil davon mit dem Vieh nicht betrieben werden muss, damit es Zeit zum Wachsthum gewinne und großes Holtz zugezogen werden könne, welcher Dorfs-Einsasse dawider handelt, soll dem Befinden nach mit zweytägigen Gefängnis und dem Spanischen Mantel-Tragen auch dem Befinden nach härter bestrafet werden.
  35. Hiernächst müssen die Bauren das benöthigte Bier bey Vermeidung schwerer Strafe aus keinen Adelichen oder Cöllmischen Krügen, sondern eintzig und allein aus den Königlichen Amts-Brauereyen oder Amts-Krügen holen, die Dorf-Schultzen auch vors künftige verhüten, dass um Martini und Fastnachten, wenn die Knechte sich anderweitig vermiethen und umziehen, das bishero und sonderlich im Nathangnischen Creyse eingeschlichene 8tägige Saufen nicht mehr geschehen möge, weil solche öfters große Unordnungen machet, der Wirth die Dienste verlieret, und der Knecht das Lohn versäuft.
  36. Gleichergestalt haben die Schultzen fürnemlich in den Pohlnische Ämtern auf das Hausieren der Juden und anderer Umtreiber mit Brandtwein und andern Sachen, genau Acht zu geben, und wenn dergleichen Leute sich betreten lassen, selbige so gleich zu arretieren und ins Amt zu liefern.
  37. Imgleichen muss der Bauer sein Geträyde in den Königlichen ihm angewiesenen und nicht in andern Mühlen mahlen lassen, und der Schultze jeden Orths dahin sehen, dass niemand dawider handele, widrigenfalls er einen solchen dem Amte anzuzeigen hat. Wie denn auch die Schultzen, so bald sie bemerken, das ein anderer Bauer mit seinem Geträyde nicht wirthschaftlich umgehet, demselben mit Vorwissen des Beamten gleich im Herbst die nöthige Sommer-Saat abzunehmen, und entweder bey sich oder an einem andern sichern Orthe des Dorfes, allenfalls aber nach dem Amte, falls es nicht zu weit entlegen ist, zu bringen und aufzuschütten, auch nicht zu gestatten haben, dass ein Bauer seinen Acker unbesäet liegen lasse, oder nur auf die Hälfte besäe.
  38. Es müssen auch die Schultzen und Dorf-Ältesten alle Jahre mit einigen Einwohnern und besonders jungen Leuten von gutem Begriff die Dorfgrentzen visitieren und ihnen solche richtig zeigen, damit sie sich selbige recht bekannt machen können.
  39. Wenn ein Königlicher Unterthan mit Tode oder sonst abgehen und das Erbe ledig werden sollte; So hat der Schultze solches sofort dem Amte anzuzeigen auch selbst davor zu sorgen, dass dasselbe mit einem tüchtigen Wirth wieder besetzet werden möge, welchem so dann nach abgelegter Eides-Pflicht, der Besatz an Pferden, Vieh, Acker- und Hausgeräthe, so viel nämlich bey dem Hofe gewesen, abzuliefern, das übrige aber dem abgehenden Wirth oder seinen Erben ohne eintzige Kürtzung richtig und frey abfolgen zu lassen ist.
  40. Da auch die Erfahrung gelehret, dass in den Dörfern so wohl einzelne Personen, als auch gantze Häuser mit gefährlichen und ansteckenden Krankheiten befallen sind, ohne dass die Kranken weder gepfleget, noch mit diensamen Artzney-Mitteln versorget werden, und der Beamte öfters davon nicht eher benachrichtiget wird, bis schon einige Leute gestorben; Hierdurch aber Seiner Königlichen Majestät, welche die Conservation Dero Unterthanen auf alle Art besorget wissen wollen, ein nicht geringer Verlust entstehet: So wird den Schultzen auf das schärfte hiermit anbefohlen, in den Dörfern solche Anstalt zu machen, dass ein jeder Wirth, so bald jemand in seinem Hause krank wird, solches anmelde, da denn der Schultze, wenn er findet, dass die Krankheit gefährlich werden könnte, es so fort dem Beamten, dieser aber nach Beschaffenheit der Umstände das weitere zu verfügen oder allenfalls davon an die Krieges- und Domainen-Cammer zu berichten hat.
  41. Alle übrige, was noch weiter bey den Gemeinden zu guter Ordnung und Vollbringung dieser Vorschriften gereichen kann, haben die Schultzen sich äußerst angelegen seyn zu lassen und dagegen zu gewärtigen, das man bedacht seyn werden, mit der Zeit und nach Gelegenheit jeden Orts demjenigen, welcher sich bey seinem Schultzen-Amte hervor thun wird, auf eine oder andere Art eine Belohnung zufließen zu lassen.
  42. Damit aber niemand sich entschuldigen könne, das ihm diese Dorf-Ordnung nicht bekannt sey; So haben die Beamte solche denen Schultzen alljährlich um Michaeli im Amte zu publicieren und die Schultzen so dann wieder den Dorfs-Einsassen deutlich vorzulesen und wohl einzuschärfen, über diese auch ein Exemplar von sothaner Dorf-Ordnung in den Krügen öffentlich anzuschlagen.

Signatum Berlin den 22. September 1751

Friedrich
(L.S.)
von Viereck. von Blumenthal