Vor dem 10. Jahrhundert wurden die Menschen nur mit einem Namen, ihrem Rufnamen, angesprochen.
Die Familiennamen haben seit dem 12. Jahrhundert entwickelt, als die zur Verfügung stehenden Rufnamen zur Identifizierung einer Person nicht mehr ausreichten. Zunächst wurden, beginnend im deutschen Südwesten und Süden, Beinamen gebildet. Diese Beinamen bezogen sich auf individuelle Merkmale und persönliche Eigenschaften (Johannes dictus Magnus, Cunrat geheizen der Rouber) und waren zunächst nicht erblich.
Erst die unter Konrad II. 1037 erblich werdenden Lehen boten die Möglichkeit zur Entstehung fester, auf die Nachkommen übertragbarer Wohnsitznamen, zunächst beim hohen (z.B. Wittelsbacher, Habsburger), danach auch beim niederen Adel und den Bürgern und Landmännern. Aber auch Beinamen, die erbliche Eigenschaften und Besonderheiten benannten, wurden auf die Nachfahren übertragen. Vergleichbares gilt für die vom Vater auf den Sohn vererbten Berufe.
Die Entwicklung der vererblichen Familiennamen begann in Deutschland in den großen Städten am Rhein (Straßburg, Speyer, Mainz, Köln). Die Verwaltungen benötigten wegen der Besteuerung, dem Militärdienst und der Vererbung des Besitzes eine genaue Kennzeichnung der Menschen. Deshalb besaß im fast gesamten deutschen Sprachgebiet im Jahre 1450 jede Person, gleich welchen sozialen Rang sie hatte, einen vererblichen Nachnamen. Der Nachname identifizierte die Familie, band an die Ahnen und verpflichtete die Nachfahren. Der Erhalt des Familiennamens durch den männlichen Erben wurde eine Frage des Prestiges und des Familienstolzes. In einigen Gegenden galt es als primitiv, keinen zweiten Namen zu besitzen.
Rosa und Volker Kohlheim Duden Familiennamen
, 2005
Prof. Dr. Konrad Kunze dtv-Atlas Namenkunde, 1998
Grundsätzlich entstanden die Familiennamen aus Rufnamen, nach der Herkunft, nach der Wohnstätte (z.B. Hofesname), aus Berufs-, Amts- und Standesbezeichnungen und aus Beinamen oder Übernamen (z.B. Spottnamen). Der Name Kuchenbecker ist überwiegend ein Berufsname, aber auch als Beiname ist er nachzuweisen.
Die heute in Deutschland am häufigsten vorkommenden Familiennamen sind aus Berufsnamen hervorgegangen, z.B. Müller, Schmidt, Schneider, Fischer, Bauer, Meyer, Weber, Wagner, Becker, Schulz, Hoffmann, Schäfer, Koch, Richter.
Namen, die auf eine Spezialisierung innerhalb eines Handwerkszweigs zurückgehen, wie Kuchenbecker, sind weniger häufig anzutreffen, zumal deren Produkt nicht der Grundversorgung der Bevölkerung diente.
Grundsätzlich werden bei Kuchenbecker zwei Sprachformen unterschieden: hochdeutsche und niederdeutsche Schreibweisen. Letztere sind im 18. Jahrhundert vom Hochdeutschen vollständig verdrängt worden. Wegen solcher Änderungen in der Sprache, wegen Sorglosigkeit oder Unwissenheit des Schreibers sind die Schreibweisen von Namen über die Jahrhunderte nicht unveränderlich gleich geblieben.
Am Beispiel des Familiennamens Kuchenbecker lässt sich die Entstehung des Berufsnamens und dessen Umwandlung der Schreibweise gut nachvollziehen: Im Stadtbuch von Stralsund (1270-1310) ist ein Thidemann cokenbekere 1282 verzeichnet, der Beiname nennt den Beruf des Thidemann, im Stadtbuch II (1310-1348) taucht er als Thidemann Kokenbekere auf. Als Beruf wird tortifex, tortator angeben. Und Karl Gustav Fabricius erwähnt in Stralsund in den Tagen des Rostocker Landfriedens auf Seite 29 den Thidemann Kuchenbecker als Totschläger (1282 in Schonen, Dänemark) an Bernhardt aus der Freundschaft des Albert Witt.
Hans Bahlow Die Stralsunder Bürgernamen um 1300, Seite 41