Die Kinder

Die Zeugung legitimer, also erbberechtigter Nachkommenschaft war ein Hauptgrund für eine Eheschließung.

Die Kinder waren für die Bauern auch im Hinblick auf die Möglichkeit ihres Einsatzes als Arbeitskräfte unentbehrlich. Bildungsmöglichkeiten für Kinder des dritten Standes gab es bis ins Spätmittelalter, als die ersten öffentlichen Schulen gegründet wurden, so gut wie keine, sodass Analphabetentum unter den Bauern nicht Ausnahme, sondern Regelfall war.

Bauern im Mittelalter

Wie seine Ehefrau waren auch die Kinder dem Hausvater zu Gehorsam verpflichtet und seiner Willkür ausgeliefert:

Quelle: Werner Buchholz (Hrsg.)

Vor der Bauernbefreiung und dem ihr zeitlich folgenden medizinischen Fortschritt lag die Kindersterblichkeitsrate sehr hoch. Etwa zwei bis drei von acht Säuglingen starben als Kleinkind. Die Hälfte der Kinder starb vor dem zehnten Lebensjahr und fast jedes zweite Kind starb bevor es das Erwachsenenalter erreicht hatte. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug zu Beginn des 14. Jh. etwa 35 Jahre. Um 1850 lag sie bei ca. 40 Jahren. Selbst am Ende des II. Weltkrieges betrug die Lebenserwartung nur etwa 55 Jahre. Erst in der Nachkriegszeit erhöhte sich diese dann nach und nach auf den heutigen Wert von etwa 80 Jahren. Zur hohen Sterblichkeitsrate, insbesondere zu den Todesfällen der Mütter und Kinder bei den Geburten, trugen auch die schlechte Ernährung und die mangelhafte Hygiene bei.

Kinderspiele

Im Herbst und im Frühjahr haben die Kinder in ihrer Freizeit Drachen gebaut und steigen gelassen. Meist wurden dabei kleinere Wettkämpfe zwischen den Dorfkindern ausgetragen.

Zur Sommerzeit boten die diversen Gewässer in und um Bischofthum Gelegenheit zum Schwimmen und Planschen.

Ebenfalls wurde mit selbstgebastelten Pfeilen und Bogen ausgemacht, wessen Pfeil am höchsten und weitesten fliegen würde. An anderen Tagen spielte man Landstreicher oder beobachtete Hasen auf dem Feld und versuchte diese zu fangen.

Beliebt war auch das Bauen von Weidenpfeifen und Papiertauben.

Im Winter bevorzugten fast alle Kinder des Dorfes das Rodeln und natürlich wurden auch hier Wettkämpfe ausgetragen.

Schule und Kinderzeit

Vormünder

Für minderjährige Waisen oder Halbwaisen wurden Vormünder bestellt, deren Aufgabe war es, die Rechte der Unmündigen zu wahren und sie vor Übervorteilung durch z.B. die Miterben zu schützen. Mit Eintritt in die Volljährigkeit bescheinigten die Waisen den Miterben, ob und welche Ansprüche es gegen sie gab. Daneben entließen die Mündel ihre Vormünder und das Vormundschaftsgericht förmlich aus der Pflicht. Das Gericht dokumentierte den Erfolg der Mündelbetreuung.

Frauen standen zeitlebens unter der Vormundschaft des Hausvaters. Aber auch sehr viele Bischofthumer Kinder hatten Vormünder, wie es mehrfach in den Grundakten von nachgelesen werden kann.

Quelle: Werner Buchholz (Hrsg.)

Kinderarbeit

Wie der Bauer und die Bauersfrau hatten auch die Kinder ein jahreszeitlich bedingtes bestimmtes Tagwerk zu leisten. Neben dem Schulbesuch und dem Erledigen der Schularbeiten hatten sie das Vieh des Haushaltes an die jeweiligen Hirten zu übergeben und es abends, wenn die Hirten mit dem Vieh von der Weide zurückkamen, wieder in den Stall zu bringen.

Bei den Mädchen begannen die Arbeitspflichten bereits mit 13 bis 14 Jahren. Der Schulbesuch wurde aufgegeben, acht Jahre Unterricht sollten fürs Leben ausreichen. Zunächst unterstützten die jungen Mädchen die Bäuerin bei der Arbeit, halfen bei den Kindern, im Haushalt und auch im Stall. Zunächst waren sie nur einfache Hilfskräfte, später übernahmen sie Leistungen in Eigenverantwortung bis sie durch Heirat ebenfalls Bäuerin werden konnten.

Altersstufen

Die Begriffe für die Altersstufen – Volljährigkeit (Großjährigkeit), Mündigkeit – wurden während des Zeitlaufes nicht übereinstimmend verstanden. Zunächst hatten diese Begriffe unterschiedliche Bedeutungen. Man wurde mit der Mündigkeit von der väterlichen Gewalt befreit. Volle Eigenverantwortlichkeit wurde erst mit der Großjährigkeit, mit 25 Jahren erworben.

Heute gilt: Die Volljährigkeit, selten auch als Großjährigkeit oder Majorennität bezeichnet, ist das Lebensalter, ab dem eine Person juristisch als erwachsen gilt. Mitunter wird auch der allgemeinere Begriff Mündigkeit gleichgesetzt, der jedoch in deutschen Gesetzen keine Verwendung findet.

Der Begriff Mündigkeit leitet sich vom althochdeutschen Wort Munt ab, das in mittelalterlichen Quellen die Stellung des germanischen Hausherrn gegenüber Frauen, Kindern und Gesinde beschreibt. Die Munt bedeutet nach innen Herrschaft und Fürsorge, nach außen Haftung und Schutz. Aus Munt leiten sich auch der Begriff der Vormundschaft sowie das dem Vormund zugeordnete Mündel ab. Mit der Mündigkeit werden Handlungsfähigkeit, Volljährigkeit, Geschäftsfähigkeit und Deliktfähigkeit erlangt.

Wikipedia Mündigkeit

Die früher gebräuchlichen Altersstufen und ihre rechtliche Bedeutung sind in folgender Tabelle des Herrn Geheimer Tribunalrath Höpfner in seinem Commentar über den Heineccius S. <83, 41> 66. anschaulich dargestellt:

Bey Mannspersonen Bey Weibspersonen
 Infans.
Ein Kind.
 Infans.
Ein Kind.
7.Infantiae proximus.
Der Kindheit näher als der Mündigkeit.
7.Infantiae proxima.
Der Kindheit näher als der Mündigkeit.
10 ½Pubertati proximus.
Der Mündigkeit näher als der Kindheit.
9 ½Pubertati proxima.
Der Mündigkeit näher als der Kindheit.
14.Pubes minus plene.
Nicht völlig mündig.
12.Pubes minus plene.
Nicht völlig mündig.
18.Pubes plene.
Völlig mündig.
14.Pubes Plene.
Völlig mündig.
25.Maior.
Großjährig.
25.Maior.
Großjährig.

Handbuch des bürgerlichen Rechts in Teutschland etc. II. Th. Leipzig, 1789, S. 81-93.

Mannspersonen konnten mit …

… achtzehn Jahren mündig gesprochen werden, bei Eheschließung auch früher, denn die Ehefähigkeit war mit angenommener Geschlechtsreife schon vor diesem Alter (bei Mädchen mit 12 bis 13 Jahren) gegeben. Die Altersmarke von 18 Jahren relativiert das Recht dadurch, dass Männern bis zur vollen Geschäftsfähigkeit (mit 25 Jahren) ein Beisorger (Curator) verordnet wird.

Kinder konnten mit 12 Jahren Pate werden:

Entgegen der Amtsfähigkeit ab dem 25. Lebensjahr wählte man Männer erst ab dem 40. in den Rat, der Jugendlichkeit misstrauend.

Werner Buchholz (Hrsg.)

Die unterschiedliche Stelllung der Kinder kam nicht nur in den abweichenden Alterstufen zum Ausdruck, sondern auch im Erbrecht:

Quelle: Georg Friedrich Knapp

Nach den Bestimmungen des am 01.06.1794 in Kraft getretenen Allgemeinen Preußischen Landrechts trat die Volljährigkeit mit Vollendung des 24. Lebensjahres ein.

Der am 24. Oktober 1769 geborene Michael Erdmann Kuchenbecker nutzte das Gesetz, er wurde Frey- und Lehnschulze und erhielt am 27.03.1794 den Entwurf der Erbverschreibung für den Schulzenhof.

Amtsgericht Bublitz I/75_1794+03+27

Durch das Preußische Gesetz über das Alter der Großjährigkeit vom 09.12.1869 wurde das Volljährigkeitsalter mit Wirkung vom 01.07.1870 für Preußen auf das vollendete 21. Lebensjahr herabgesetzt.

Rainer Doerry aus Walluf gab 2006 zu diesem Thema folgende Erläuterung:

Bei Mündigkeit/Volljährigkeit (Majorennität) um 1870 lag den Regelungen in den deutschen Staaten das neuere römische Recht zugrunde, nach dem unterschieden wurde:

Kindesalter (Infantia)
unter 7 Jahre, keine Rechtsgeschäfte, Handlungen ohne rechtliche Bedeutung;
Unmündigkeit (impubertas)
unter 14 Jahre (bei weiblichen Personen 12 Jahre), Handlungen zum Erwerb von Rechten (z.B. Grundbesitz-Erwerb, aber nicht Verkauf), d.h. man kann Gläubiger werden, aber nicht Schuldner, Haftung nur bei Bereicherung und nur in Höhe der Bereicherung
Mündigkeit (pubertas)
unter 18 Jahre
volle Mündigkeit (plena pubertas)
unter 25 Jahre

Bis zum 25. Lebensjahr galt man als minderjährig (minoren), d.h. wenn man nicht unter elterlicher Gewalt stand, war die Bestellung eines Altersvormundes notwendig. Die Rechte des Großjährigen konnten auch an Minderjährige (ab dem 20., bei weibl. Personen ab dem 18. Lebensjahr) durch landesherrliches Reskript verliehen werden, unter der Voraussetzung, dass verständiger und sittlicher Lebenswandel nachgewiesen wurde. (Aber auch dann gab es bzgl. Verkauf von Immobilien, Testament u.ä. besondere Bestimmungen).

Volljährigkeit (aetas legitima oder Majorennität) ab 25 Jahre, alle Rechtshandlungen des bürgerlichen Lebens (soweit nicht durch besondere Gesetze anders geregelt).

Stand 1874:

Baden, Bayern, Hessen, Preußen (als letztes, wohl nach 1870)
Volljährigkeit 21 Jahre
Hamburg
Volljährigkeit für Männer 22 Jahre
Oldenburg
Volljährigkeit 24 Jahre

Hinsichtlich der Heirat gab es besondere Bestimmungen, nach denen auch bei Volljährigkeit die Einwilligung des Vaters!! notwendig war (nach sächsischem Recht auch der Mutter).

Das deutsche Reichsgesetz vom 6.2.1875 forderte für die Ehefähigkeit (d.h. Heirat auch mit elterlicher Erlaubnis) ein Alter von 20 Jahren für Männer und 16 Jahren für Frauen (nach altem römischen Recht 14 bzw. 12 Jahre). Nach diesem Gesetz durften Witwen auch erst nach 10 Monaten nach dem Tod des Ehemannes heiraten, bei Verurteilung durch Ehebruch war eine zweite Heirat verboten.

Auch nach dem Gesetz von 1875 war trotz Volljährigkeit eine Einwilligung notwendig, und zwar durch den Vater, nach dessen Tode durch die Mutter, bei unehelichen Kindern die Mutter, (bei Minderjährigen ohne Vater war die Einwilligung eines Vormundes notwendig, auch wenn die Mutter lebte):

Einwilligung war notwendig bei

  • Söhnen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
  • Töchtern des 24. Lebensjahres

Bei Versagen der Einwilligung konnte ein richterlicher Entscheid herbeigeführt werden. Personen im Militärdienst (auch im kirchlichen Dienst) bedurften der Einwilligung (Ehekonsens) der vorgesetzten Behörde.

Volljährigkeit
Rainer Dörry Ahnenforschung

Nach dem Reichsgesetz betreffend das Alter der Großjährigkeit vom 17.02.1875 (RGBl. 1875, S. 71) wurde das Volljährigkeitsalter im gesamten Deutschen Reich mit Wirkung vom 01.01.1876 auf das vollendete 21. Lebensjahr festgesetzt. Das Gesetz lautete:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§.1.

Das Alter der Großjährigkeit beginnt im ganzen Umfange des Deutschen Reichs mit dem vollendeten einundzwanzigsten Lebensjahre.

§.2.

Die hausverfassungsmäßigen oder landesgesetzlichen Bestimmungen über den Beginn der Großjährigkeit der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien, sowie der Fürstlichen Familie Hohenzollern werden durch die Vorschrift des §. 1 nicht berührt.

§.3.

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1876 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 17. Februar 1875.
(L. S.) Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

Gesetz, betreffend das Alter der Großjährigkeit

Das Bürgerliche Gesetzbuch von 1896 löste das Reichsgesetz von 1875 ab. Statt Großjährigkeit heißt es nun Volljährigkeit, die – wie vorher – mit der Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres erreicht wird.

Wikipedia Reichsgesetzblatt 1896, S. 195

In Deutschland wird die Volljährigkeit mit Wirkung ab 01.01.1975 (im Bereich der DDR bereits mit Wirkung ab 1950) mit der Vollendung des 18. Lebensjahres erlangt, § 2 BGB. Damit wird die Person voll geschäftsfähig und erhält zugleich das passive Wahlrecht auf kommunaler und Bundesebene (Art. 38 Abs. 2 Satz 1 GG).

Wikipedia Volljährigkeit