Gemeinheitsteilung und Separation
Ein konfliktarmes Leben in einer eng verzahnten Gemeinschaft erfordert eine führende Hand
, ein Management. Der Grundherr, in seiner Vertretung der Dorfschulze und die Dorfversammlung erfüllten diese Voraussetzung lange Zeit unter Zugrundelegung der Weistümer des Dorfes. Nun versuchten offenbar schon längere Zeit Einzelne, ihren Besitz oder ihren Gewinn auf Kosten der Allgemeinheit zu maximieren, sodass die Gemeinheiten (Allmende) in einen schlechten Zustand gerieten. Andeutungsweise kann man dies für Bischofthum aus Klagen über Grenzverletzungen und das Fehlen von Knicks ablesen. Die Vormachtstellung des Grundherrn und des Schulzen und der ihnen gebührende Respekt gingen - vermutlich mit wachsender Bildung der Bauern - verloren. Das Management des Dorfes versagte zunehmend. Abhilfe erhoffte man sich durch Privatisierung, bei der Nutzen und Schaden zugleich beim Besitzer anfallen, nämlich durch Gemeinheitsteilung
, neben der Separation ein wesentlicher Abschnitt der Regulierung.
Eine gerechte Teilung der Allmende setzte u.a. eine Schätzung der Bodengüte voraus. Vielleicht war die Verpflichtung des aus Borntin stammenden Ökonomie Inspektors Johann Christian Lemke als Freischulze mit der Absicht zur Steuerung der Regulierung verbunden. Die vorliegenden Dokumente geben über die zugrundeliegende Absicht keine Auskunft.
Gemeinheitsteilung und Separation werden häufig gleichgesetzt und waren wohl auch in Bischofthum parallele und gleichzeitig mit der Dorfstraßen-Regulierung durchgeführte Prozesse. Die Regierung in Köslin bezeichnete den gesamten Prozess der Bodenreform als Regulierung. Diese Bodenreform betraf im Wesentlichen die Änderung der Eigentums- oder Nutzungsrechte an gemeinschaftlich und lassitisch genutzten Grundstücken mit einer Flurbereinigung und unter Einschluss der Separierung einiger Höfe.Im engeren Sinne bedeutet Gemeinheitsteilung die Teilung von gemeinsam genutzten Grundstücken, solchen die im gemeinschaftlichen Eigentum standen, der Allmende, und die Ablösung der vom Grundherrn gewährten land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte. Die Höfe in Bischofthum sind im Rahmen der Gemeinheitsteilung um beträchtliche Flächen erweitert worden. Die 17 Althöfe hatten nun Flächeninhalte um 60 ha, der Schulzenhof sogar 110 ha. Der Flächengewinn erlaubte und erforderte das Anlegen von Abbauhöfen. Dieser Flächengewinn resultierte vermutlich aus der Trockenlegung und der in Eigenarbeit durchgeführten Melioration von nassen Ländereien, die der zu teilenden Allmende zugeschlagen wurden.
Die Gemeinheitsteilung bzw. die Privatisierung der Allmende war notwendig geworden, weil die Vorteile aus der Nutzung der Allmende ungleich verteilt waren und eine Verringerung ihres Wertes zu Lasten der Gemeinschaft ging. Mit der Privatisierung sollte erreicht werden, dass Nutzen und Schaden beim Besitzer anfallen.
Außerdem konnte das Allmendland eine wichtige Ressource für die Niederlassung zusätzlicher Siedler und damit für die Intensivierung des Landbaus und nicht zuletzt für die Steigerung des Steueraufkommens darstellen. Die Aufnahme von Siedlern stand für Bischofthum zunächst nicht im Vordergrund, denn vermutlich wollten die Bauern den Ertrag aus ihren erheblichen Meliorations-Aufwendungen selbst nutzen.
Landarme und Landlose mit nur gewohnheitsrechtlicher Nutzung der Gemeinheit (insbes. Büdner oder Kätner) wurden bei der Teilung meist nicht berücksichtigt. Dadurch ergaben sich durch die Verteilung der Allmende auf die nutzungsberechtigten Bauern und selbständigen Büdner einige Konflikte:
Sowohl der Katenmann Johann Gottlieb Kuchenbecker als auch der Budenbesitzer Carl Bansemer als Mitbewohner von Gehöften verloren bei der Gemeinheitsteilung das von ihnen genutzte Land.
Regierung Köslin/12805_1837+07+14
Amtsgericht Bublitz I/79_1833+08+31
Die Allmende wurde nach einer Ertragsschätzung, Bonitierung genannt, aufgeteilt. Dabei kamen hauptsächlich Erfahrungswerte zur Anwendung,
Bonitierung, unter welcher man die Schätzung der Bodengüte nach ihren örtlichen Abstufungen versteht. Diese ist die erste und wichtigste Grundlage jeder Gemeinheitsteilung, und insofern damit zugleich die Ertrags-Schätzung der Grundstücke, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, verbunden wird, auch die Grundlage zur Berechnung der Bodenrente.
K. F. Hering
Die Boniteurs
und …
… auch die Interessenten müßten von denselben genugsame Kenntniß haben, um die Richtigkeit der geschehenen Bonitierung und Klassificirung gehörig beurtheilen zu können, da von ihnen das Anerkenntniß derselben verlangt wird; und in welches Labyrinth von Zweifeln, Streitigkeiten und Verweitläufigungen möchte dadurch nicht manches Separationsgeschäft verwickelt werden.
K. F. Hering
K.F. Hering beurteilte die Bonitierungen sehr kritisch:
Wie wenig Werth dergleichen analytische Boden-Untersuchungen haben, und wie völlig nutzlos die Angaben der Oekonomie-Kommissarien in den Bonitierungs-Protokollen über die quantitativen Bestandtheile der verschiedenen Bodenklassen sind, die in der Regel auch nur nach bloßem Gutdünken niedergeschrieben werden, um dem Geschäft den Anschein einer sorgfältigen Behandlung zu geben, das ist jedem Sachkundigen bekannt.
K. F. Hering
Die bei der Melioration hinzugewonnenen Flächen zu bonitieren wird schwierig gewesen sein, zumal Erfahrungswerte nicht vorlagen. Ob es in Bischofthum während oder durch die Regulierung Differenzen zwischen den Bauern wegen objektiver oder vermeintlich ungerechter Verteilung des Bodens gab, ist nicht dokumentiert. Der beträchtliche Landgewinn wird dämpfend auf eventuelle Neiddebatten gewirkt haben.
Separation war das Aufteilen (Separieren) der gemeinsam bestellten Gewannflur und schließt auch das Anlegen von Abbauhöfen ein. Im Rahmen der Separation wurde das Land vermessen und aufgeteilt.
Um lange Anfahrtswege zu ersparen, wurden vereinzelt Gehöfte nach draußen
verlegt, so entstanden die Abbauen (Abbauten)
. Wenn Abbau die Bedeutung von Zerlegung, Zerstückelung, Zerteilung hat, dann waren die Abbauhöfe solche, die vom Gehöft im Dorfe abgeteilt und außerhalb des Dorfes neu errichtet wurden.
1825 erwähnte das Amt Bublitz die jetzige Separation
im Zusammenhang mit der geplanten Aufteilung der Grundstücke des verbliebenen wüsten Bischofthumer Hofes. Konkret wurde die Separation um 1826.
Regierung Köslin/12805_1825+12+09
In Bischofthum umfasste die Regulierung auch das Verlegen der Dorfstraße vom Essberg in die Niederung. Dabei entstanden Baugrundstücke, die der Fiscus als von ihm verfügbar und nicht der Allmende zugehörig ansah. Diese Grundstücke, Dorfstraßenflecken genannt, wurden 1835 in einer Licitationsverhandlung
vergeben, also versteigert.
Am 10. August 1836 war die Regulierung mit einem Gemeinheitsteilungsrezess abgeschlossen.
Die Gemeinheitsteilungen führten zu einer Vergrößerung der Getreideanbauflächen. Zusammen mit den Grundentlastungen in 1844 und 1852 bewirkten sie eine Steigerung des Ertrags auf fast das Doppelte. Wegen der Verwendung von Kunstdünger nach 1890 verdreifachten sich die Flächenerträge im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
Die Separation, die Gemeinheitsteilung und die Dorfstraßenregulierung (um 1832 bis 1836), wurden fast zeitgleich mit der Erbverschreibung
der Höfe (um 1838) durchgeführt.