Das Fehderecht war nach Errichtung des ewigen Landfriedens aufgehoben. In der Praxis sah es freilich nicht selten anders aus. Denn die Missbräuche lagen bei den ganzen Rechten gar zu nahe und alle Verhältnisse jener Zeiten begünstigten sie nur zu sehr. Und besonders war es der Adel, den in jener Zeit der Vorwurf solcher Missbräuche traf. Zwar war jeder vollkommen Freie zur Fehde berechtigt. Allein die Städte waren in der Regel froh, wenn sie nicht befehdet wurden und griffen meist nur aus Not und innerhalb der gesetzlichen Schranken zur Fehde. Dem kriegerischen Adel aber war die Fehde von der einen Seite Lust, von der andern Seite reicher Erwerb. Denn selbst Raub, in gehöriger Fehde am Gegner und seinen Angehörigen begangen, war ganz erlaubt und diese Deprädatio (Plünderung) verunehrte Niemanden.
Die Gelegenheit aber war zu lockend, die Schranken zu überschreiten, keinen besonderen Frieden mehr zu achten, und unter dem Vorwand der Fehde jede Straße unsicher zu machen. Und wer sollte den mächtigen Räuber, der wie man es nannte, sich auf Reiterei legte oder vom Sattel oder vorn Stegreif lebte, bestrafen? Der Kaiser hatte selbst genug mit seinen Gegnern zu schaffen, und solche Fürsten waren selten; wie Rudolf I., welcher, obgleich früher selbst ein gewalttätiger Raubritter, doch später als Kaiser mit Strenge und Ernst gegen die Friedbrecher verfuhr, und z.B. auf einem Zuge nach Thüringen 29 ritterliche Landfriedensbrecher aufknüpfen und 66 Raubschlösser zerstören ließ und ebenso in Schwaben auf einem Zuge 5 Raubschlösser bei Calw zerstörte, oder wie der Herzog Albert von Braunschweig, welcher den räuberischen Grafen von Eberstein bei den Beinen aufhängen, wenn gleich nachher als Grafen ehrenvoll begraben ließ.
Dr. Carl Georg von Wächter Beiträge zur deutschen Geschichte, insbesondere zur Geschichte des deutschen Strafrechts, ab Seite 42, Dübingen: Fues Verlag, 1845