Beiname, Übername, Spottname

Beinamen sind nicht nur gelegentlich benutzte Namenszusätze zur besonderen Kennzeichnung einer Person, etwa zur Auszeichnung, zur Unterscheidung, zur Charakterisierung oder um Verbundenheit mit anderen Personen auszudrücken.

Übernamen sind Spitznamen oder Spottnamen, die einer Person aufgrund verschiedener Kriterien gegeben werden: wegen physischer Merkmale, durch Wortähnlichkeiten, entsprechend einer besonderen Charaktereigenschaft oder anlässlich besonderer Verhaltensweisen.

Häufig ersetzten die im alltäglichen Leben benutzten Bei- und Übernamen den eigentlichen Namen einer Person völlig. Der Familienname Kuchenbecker kann sowohl aus Beinamen wie auch aus Übernamen entstanden sein. Eine Unterscheidung hat allerdings ausschließlich akademischen Charakter, da vielfach bereits die zweite Generation der Namensträger mit dem Anlass der Namengebung nicht direkt in Verbindung stand.

Anno 1476 ist in Gießen ein Henne von Ortenberg, genannt Kuchenbecker bezeugt. Dieser Kuchenbecker trug einen Rufnamen (Henne), einen Herkunftsnamen (Ortenberg) und den Beinamen Kuchenbecker, der sein Handwerk benennen mag.

Dr. phil. nat. Karl Kuchenbecker berichtet in seinem Buch villa liebengrün. Die Spur der Königsfreien von der Saale zur Memel von dem Schulzen Althanß beim Teiche, der anno 1525 auf dem Landestag um Lichtmess (2. Februar) auf der Burg zu Meißen mit dem Spottnamen Kuchenbecker gerufen wurde. Dieser Übername wurde später als Familienname in das Kirchenbuch eingetragen.

Bauern übten häufig noch weitere Gewerbe aus, sodass als Familienname der vom Nebenberuf abgeleitete Beiname gewählt wurde. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass viele Bauern Kuchenbecker hießen.

Von den übrigen Berufsangehörigen hatten besonders die Bäcker unter zahlreichen Übernamen zu leiden, weil sie viele verschiedene Gebäcke herstellten. Danach wurden sie als Großbrot, Hauslaib, Hutzelbeck (Hutzelbrotbäcker), Kleinbrot, Küchle/Kiechle (Kuchenbäcker), Laib, Lebkuch-/Lebzelter, Maichel (eine Semmelart), Motzenbeck (Motzen waren längliche Brote aus gebrühtem Teig), Mutschel (ein Weißbrot von bestimmter Form), Mutschler (nach der eisernen Multscherre, mit der die Teigreste aus der Mulde herausgekratzt wurden), Ofenschüssel (nach dem Werkzeug, womit der Bäcker das Brot in den Ofen schoss, Olkuch (nach dem oberdeutschen leckeren Schmalzbackwerk), Roggenkneter/Roggenbrot (Schwarzbrotbäcker), Tötschler (Pfannkuchenbäcker), Weck/Spitzweck (von dem keilförmigen Backwerk), Weißbrot/Weißmehl und Windbeutel bezeichnet.

Brockhaus Enzyklopädie, 2006