Michael Erdmann Kockenbecker - Erbverschreibung (1798)

1794 begannen die Verhandlungen und die Genehmigungsverfahren zur Erbverschreibung des Michael Erdmann Kockenbecker, der von 1792 bis 1815 Frey- und Lehnschulze von Bischofthum war. Am 12. März 1798 war das Amt Bublitz zur Unterzeichnung bereit.

Erbverschreibung für den Lehn-Schultzen Michael Erdmann Kockenbecker über den Schultzen-Hof zu Bischofthum.

Von seiner Königl. Majestät von Preußen Unsern Allergnädigsten Könige und Herrn. Wir zu dem hiesigem Amte verordnete Beamte uhrkunden und bekennen hierdurch für Uns und unsere Nachfolger im Amte, daß nachdem der gewesene Lehn-Schulze David Kockenbecker, welcher gehörig nachgewiesen, daß er den seinem Vater nach dem Original Lehn-Briefe de 6em July 1713, wovon Abschrift beigefüget wird, verliehenen Schulzen-Hof rechtmäßig acquiriret in anno 1776, mit Tode abgegangen, zuförderst allererst die Witwe mit denen, denen Kindern gesetzten Vormündern sich dahin, nach copeylich anliegenden Erb Recess

 

de 20ten Maertz 1777 geeiniget, daß sie den Hof bis zur Großjährigkeit eines ihrer Kinder besitzen und wenn solche sämtlich majorenn, sie sich über das Lehn selbst einigen sollen, dieser Fall aber dahin eingetreten, daß die beyden andern Brüder der des Michael Erdmann Kockenbecker, der Joachim Friedrich Kockenbecker, und David Friedrich Kockenbecker sich aller Ansprüche an den Lehn-Schultzen- Hof und zwar ersterer durch beglaubte abschriftlich anliegende Decharge vom 15ten Septbr. 1790 und letzterer durch die gleichfals anliegende Declaration vom 20ten Maertz 1792 begeben, und solchen dem Michael Erdmann Kockenbecker überlassen dieser auch den Schultzen-Hof jetzo wirklich angetreten, und gebethen ihm darüber unter zuverhoffender Hohen Approbation eine Erbverschreibung und respec Confirmation zu ertheilen, wir kein Bedenken gefunden seinen Bitten Raum und Statt zu geben. Wir setzen, ordnen und bestätigen demnach mehrgedachten Michael

 

Erdmann Kockenbecker zu einem Schultzen-Wirth und Lehns-Besitzer des Schultzen-Hofes zu Bischofthum mit allen Pertinentien an Gebäuden, Akkern, Wiesen, Koppeln, Wuhrten und Gärten so wie solche in der Anlage näher beschrieben, nebst allen Recht und Gerechtigkeiten, so wie solche von seinen Vorfahren beseßen und genutzet oder beseßen und genutzet werden mögen dergestalt und also, daß er solchen als sein wohl erworbenes Lehn nutzen und gebrauchen, solchen so weit es nach den Lehn Rechten zuläßig verschenken, vertauschen, verkauffen, verpfänden und sein oder der Seinigen mänlichen Erben entweder nach den ordentlichen Erbgängen oder durch ein Testament verlaßen könne, jedennoch unter folgenden unübersteiglichen Bedingungen, daß er nehmlich

§.1.

die Pertinenz Stücke dieses Lehn Hofes nicht vereintzelen oder davon auf irgend eine

 

Art etwas partialiter veralienirn, den Akker in gehöriger Cultur, Düngung und Saat und die Wiesen von allem Aufschlag reinhalten, überhaupt aber, daß er den Hof dergestalt in guten und untadelhaften Stande halte, wie es einem rechtschaffenen Wirth und Lehns Besitzer eignet und gebühret.

§.2.

Muß er die Gebäude sowohl in Reparatur als Umbauten völlig aus eigenen Mitteln unterhalten und verfertigen, auch sich das Bauholtz ex propriis anschaffen, überhaupt aber nicht die geringste Beyhülfen, weder an Holtz, Materialien, Fuhren oder Baufreyheits Gelder vom Amte entweder bey Reparaturen oder Neubauten fordern, den eintzigen Fall nur alleine ausgenommen, wenn die Gebäude ohne seiner und der Seinigen Schuld im Feuer aufgehen solten, ihm ohne Abzug das versicherte Quantum aus der Feuer-Societaet ausgezahlet werden sollen, jedoch daß er auch den Hof auf ein proportionierliches Quantum bey derselben jederzeit versichern laße und die jedesmähligen Beyträge prompt baar

 

und ohnerinnert abtragen müße. Ferner ist er

§.3.

schuldig die Praestanda dieses Hofes und zwar

A., An Domainen Gefälle

a. an Dienst Geld
13 rt
8 gr
b. Lehns Canon
1
c. An Maltz-Zinsen für die
Erlaubniß sich seinen
Haustrunk selbst zu brauen
1
in Summe also
15 rt
8 gr

AA., An Krieges-Praestandis die Contribution und Reuther-Verpflegung von 26/90 Landhufen und zwar erstere in quartal ratis in den gewöhnlichen 4. Cammer-Terminen und letztere Monatlich nach dem jedesmahligen Ausschreiben zur Casse des Königl. Amtes Bublitz in Edict und Cassenmäßigen Müntz-Sorten, prompt, baar und ohnerinnert abzuführen, auch nach Proportion seines Hufen-Standes die natural Fourage Lieferung zuverrichten.

Es sollen diese Praestanda niemals erhöht werden und da sie also als ein perpetuirlicher nie zu

 

erhöhender aber auch keinen Erlaß fähiger Canon anzusehen sind, so begiebet sich der Michael Erdmann Kockenbecker aller Nachlaßung, Niederschlagung und Verminderung derselben gäntzlich oder auf eine Zeitlang, wenn ihm auch die ungewöhniglichsten Unglücks-Fälle als Krieg, Brand- Wasser-Schaden, Miswachs, Hagelschaden, Viehsterben p.p. betreffen sollten, und dadurch die Substanz des Hofes gäntzlich oder zum Theil verändert werde, den einzigen Fall nur ausgenommen, daß wenn seiner Königl. Majestät ex mera gratia sämtlichen anderen Eigenthümern und Lehns-Besitzern in der Provintz etwas zufliessen laßen wollen. In diesem Gefolge wird denn

§.4.

expresse festgesetzt, daß wenn der jedesmahlige Besitzer die Gebäude verfallen oder den Hof außer Cultur kommen läßt, oder endlich seine Praestanda nicht prompt berichtiget und damit ein Jahr in Rückstand bleibt, das Amt wohl befugt seyn solle, den

 

Hof sogleich auf des Besitzers Gefahr und Kosten zur Licitation zustellen und dem Meistbietenden, wenn er sonst annehmlich, zu überlaßen. Von allen übrigen Diensten und Geld- Abgaben bleibt zwar

§.5.

der Besitzer befreyet, und besonders auch von den March - Paß - Bau - Burg - Fuhren und Diensten, es ist aber diese Befreiung nur lediglich ein persöhnliches Beneficium in Ansehung der Führung des Schultzen-Amts und kan ein als eine dem Hofe anklebende Gerechtigkeit angesehen werden, er muß also dieses Schulzen-Amt jederzeit mit Treue und Fleiß verwalten und dafür keine weitere Vergütigung zu fordern, und übernimt diese Schuldigkeit für sich und seine Erben und Nachkommen, und zwar

§.6.

Mit der expressen Bedingung, daß wenn der Acquirent oder seine Nachfolger nicht getreulich das Schultzen-Amt verwalten oder wegen Minderjährigkeit oder Schwäche des Verstandes sich dazu nicht qualificirten, das Amt wohl befugt

 

sey, einen anderen Wirth aus zumittelen der in seiner Stelle solches verwalte, es muß aber der Schultzen-Hof sodann selbigen nicht allein in den March- Paß- Bau- und Burgfuhren und Diensten übertragen, sondern ihn auch sonst gehörig entschädigen, indem ihm aber des Schultzen-Amts wegen dieser Hof concediret. Sowie nun zwar ihm vorbenante Freyheit zugestanden wird, so muß er doch

§.7.

zu allen Ausrichtungen sein benöthigtes Getränke aus der Brau- und Brennerey des Amts nehmen, sich zu der ihm angewiesenen Mühle halten, und keine Musique ohne des Amts-Erlaubniß gestalten, wiedrigenfals aber sich den geordneten Strafen willig zu unterwerfen. Er übernimt

§.8.

expresse sich der Amts-Jurisdiction sowohl für sich als die Seinigen in Gerichtlichen Policey- und peinlichen Sachen zu unterwerfen, sich derselben auf keine Art zu entziehen, sondern

 

sich als ein gehorsahmer und treuer Amts-Einsaße aufzuführen und die vorgesetzte Obrigkeit mit gebührenden Respect, Gehorsahm und Gehör vorzugehen, jedoch wird ihm die Versicherung ertheilet, daß er auch die Seinigen nie aus diesem Grunde als Unterthan besprochen werden soll.

Ob nun gleich Acquirenten

§.9.

wie angeführet, die Befugnis ertheilet wird den Hof quovis modo zu veräußern und und seine und der Seinigen Erben zu überlassen, so muß er doch eine jede Veränderung wodurch ein anderer Eigenthümer oder Wirth auf den Hofe kömt, dem Amte bey Strafe der der Nichtigkeit der Verhandlung gebührend anzeigen, welches denn die erforderliche Genehmigung darüber einholen wird, und wird ihm diese nicht versaget werden, wenn nur der neue Acquirent sich zur Annahme

 

des Hofes qualificiret und Praestanda zu praestiren im Stande ist.

Wenn nun Acquirent allen diesem nach zu kommen mit Hand und Mund gelobet, diese Erbverschreibung gerichtlich recognociret und mit unterschrieben, so soll solche Einer Königl. Hochpreuß. Krieges und Domainen Cammer zur Allergnädigsten Confirmation eingereicht und wenn solche erfolgt seyn wird, ihm solche extradiret und Titulus possessionis für ihn in dem Amts-Grund- und Hypothequen-Buch berichtiget werden.

Gegeben Amt Bublitz d. 12ten Martz 1798

Siegel

Königl. Preuß. Pommerl. Amt hieselbst

Unterschriften

 

Da Eine Königl. Hoch … Kriegs und Domainen Kammer bereits vorläufig diese Erbverschreibung welche der Michael Erdmann Kockenbecker vorwegs des heute besonders aufgenommenen Protocolle in allen Punkten und Clauseln genehmigt und eigenhändig unterschrieben, so wird solche auch von Amts wegen bestätigt und soll nach eingegangener Allergnädigsten Confirmation Titulis possessionis für ihn ins Amts Grund und Hypothekenbuch berichtigt werden.

Gegeben Amt Bublitz d. 12 Merz 1798

Siegel

Königl. Preußisch. Pommers. Amt

Unterschriften

Amtsgericht Bublitz I/75_1798+03+12

Der Frey- und Lehnschulze in Bischofthum, hatte eine führende Funktion in der bäuerlichen Gemeinde, die in vielen rechtlichen und öffentlichen Pflichten zum Ausdruck kam. Er hatte im Ort die Polizeigewalt und niedere Gerichtsbarkeit und fungierte als Gerichtsbeisitzer bei Verhandlungen höheren Orts. Für seinen Grundherrn, die Domänenverwaltung, musste er Steuern und Abgaben einziehen und Verordnungen bekannt machen. Diese Rechte und Pflichten waren aber nicht an die Person, sondern an den Schulzenhof gebunden. Der Besitz war in männlicher und weiblicher Linie vererbbar, frei verkäuflich, teilbar und beleihbar, also kreditfähig. Der Schulzenhof war auch von grundherrlichen Zinsen befreit (Freyschulze). Das Schulzenamt und der Besitz am Schulzenhof wurden vom Landesherrn verliehen und mussten bei dessen Wechsel erneut bestätigt werden (Lehnschulze).