Kuchenbecker-Steuerung

Die Kuchenbecker-Steuerung unterscheidet sich vortheilhaft von vielen anderen Präcisionssteuerungen dadurch, daſs nicht nur das Oeffnen der Dampfvertheilungsorgane zwangsläufig geschieht, sondern auch der Dampfabschluß. Derselbe wird für alle möglichen Füllungsgrade durch den Steuermechanismus selbsthätig bewirkt und ist nicht von Federn und Gewichten, Dampf- oder Luftdruck abhängig. Bei letzteren ist eine aufmerksame Wartung des Maschinisten unumgänglich nothwendig, weil diese Mittel zur Schlußbewegung wegen ihrer Unzuverlässigkeit ein Hängenbleiben der Ventile oder Schieber in den Stopfbüchsen, und somit einen unregelmäßigen Gang oder gar ein Durchgehen der Maschine zur Folge haben können. Außerdem lassen diese Art Steuerungen höchstens 100 Umdrehungen in der Minute zu, da bei gröſserer Geschwindigkeit der Dampfabschluß nicht mehr schnell genug stattfinden kann.

Alle diese Uebelstände sind jedoch durch die vollständige Zwangsläufigkeit der Kuchenbecker-Steuerung vermieden, und können mit ihr noch 240 Umdrehungen in der Minute bei ruhigem, geräuschlosem Gange erreicht werden. Dies günstige Ergebniß ist einer verbesserten Hebelanordnung zu danken, welche durch einen Zusatz zum Patente Nr. 15841 geschützt ist. Ueber die Wirkungsweise der Steuerung bezieh. der Excenterbewegung (Fig. 1 und 2) ist schon in D. p. J. 1882 245 441 berichtet.

Die Berührungsflächen der neueren Hebel (Fig. 3 und 4) sind kreiscylindrisch im Gegensatze zu den älteren mit der Zahnform bei a1 und b1 (Fig. 5 und 6) angeordnet, und zwar in der Weise, daß die mit einander arbeitenden Flächen der beiden Hebel M und N (Fig. 3 und 4) während der Oeffnungs- und Schlußperiode sich nicht verlassen. Bei Beginn der Bewegung berühren sich die Hebel M und N bei c und d (Fig. 3). Im weiteren Verlaufe rollen die beiden Flächen cc1 und dd1, von denen letztere etwas bogenförmig gestaltet ist, an einander hin, wobei gleichzeitig die Nase e des Hebels M an dem entsprechend geformten Bogenstücke e1 fortgleitet und während des ganzen Hubes in Berührung mit e1 bleibt (Fig. 4). Ist der höchste Stand erreicht, so zieht Hebel N die Nase e des Hebels M zurück (Fig. 4), schließt den Dampfvertheiler wieder und gleitet an der Kreiscylinderfläche f leer laufend weiter (Fig. 3 und 4).

Durch diese in sich abgeschlossene Bewegung wird es möglich, mit sehr großen Geschwindigkeiten zu arbeiten, ohne daß der Mechanismus geräuschvoll wirkt, weil die mit einander arbeitenden Flächen der Hebel M und N während der Oeffnungs- und Schlußperiode nicht außer Berührung kommen. Von dem Anheben, welches im günstigsten Hebelverhältnisse geschieht, geht es rasch nach dem höchsten Stande, wechselt im todten Punkte die Bewegungsrichtung und geht wieder, der Geschwindigkeit des Excenters entsprechend, abwärts, bis das Bogenstück dd1 zum Abwickeln kommt, und auf diese Weise den sanften Schluß im letzten Augenblicke hervorbringt. Der gleichmäßigen Bewegung der jetzigen Construction steht das ruckweise Oeffnen und Schließen der Dampfvertheilungsorgane bei der älteren Hebelanordnung gegenüber. Bei letzterer ist ohne Geräusch eine größere Geschwindigkeit nicht zu erreichen, weil sich beide Hebel bei a1 und a2 (Fig. 5 und 6) im höchsten Stande verlassen, indem der Hebel O mit dem Zahne b1 an dem entsprechenden Punkte a1 des Hebels P vorbeigleitet und, ohne ihn zu bewegen, seinen Vorwärtsgang fortsetzt. Beim Rückgange nimmt Hebel O, sich mit Fläche g der Nase a2 nähernd und endlich an dieselbe anschlagend (Fig. 6), den Hebel P plötzlich wieder mit, schließt Ventil oder Schieber und gleitet leer laufend an h vorbei (Fig. 5).

Die Dampfvertheiler werden also bei der alten Construction in ihrer Bewegung unterbrochen, indem sie nach dem Oeffnen stehen bleiben und beim Rückgange plötzlich wieder gefaßt und geschlossen werden und ergeben sich die evidenten Vorzüge der neuen Construction aus der Beschreibung. Die vorstehend beschriebene Steuerung wird von der Wilhelmshütte Sprottau, Schlesien, bei ihren Dampfmaschinen vielfach verwendet.

Digitalisierung des Polytechnischen Journals Die Kuchenbecker-Steuerung